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Gründe für Dialektschwunde

1. Mobilität

Früher arbeiteten die meisten Menschen in ihrem Wohnort. Heute pendelt man hingegen häufig über viele Kilometer hinweg und verbringt den Tag in einer anderen sprachlichen Umgebung. Auf diese Weise werden die Dialektgebiete immer großräumiger

2. Sprachliche Ideologien

(1) Standardismus
Es kann in einem Staat nur eine einzige Standardsprache geben.

(2) Homogenismus
Diese Standardsprache duldet keine Varianten. Sie muss homogen sein.

(3) Hannoverismus
In Hannover spricht man das beste Deutsch.

Alle drei Ideologien sind wissenschaftlich nicht haltbar:
zu (1): Viele Länder haben mehrere Standardsprachen Bsp.: Schweiz).
zu (2): Im Norden sagt man Sonnabend, sonst überall Samstag. Solche Varianten sind selten, in einen Kontext eingebettet und stören die Kommunikation daher nicht.
zu (3): In Hannover spricht man norddeutschen Standard ("Kriech", "gesaacht", ...)

3. Auswirkungen der sprachlichen Ideologien:

DialektrückgangRegionale Varietäten (regionale Standardsprache, Dialekte) werden als "falsch" oder "minderwertig" betrachtet.
In der Familie gibt man den Dialekt nicht mehr weiter.
In der Schule werden süddeutsche Varianten als "falsch" angesehen (Es heißt nicht "Gang" sondern "Flur")
Im Radio gilt die norddeutsche Standardsprache als Vorbild ("Noch einen schönen Tach", "In den Steedten herrscht Kriech", "Er hat gesaacht", usw.)

Ergebnis: einer Umfrage unter 125 Ortsvorsteherinnen und Ortsvorstehern in Baden-Württemberg im ländlichen Raum aus den Jahren 2010-2012. Während man dort mit den Großeltern meistens noch Dialekt sprach (80%), reduzierte sich dies beim Sprechen mit den Kindern auf 35%.